Vorsicht: Von der Abmahnung zur Domainpfändung

Der bekannte Blogger René Walter und der Fall „Nerdcore.de“ zeigt uns, wie leicht man – wenn man ein paar Spielregeln des Gerichts nicht beachtet, oder beachten will, seine Domain verliert.
Als mutmaßliche Ursache gibt Walter auf blog.rebellen.info an, dass er auf eine Abmahnung von Euroweb nicht reagiert habe. Diese hätte er erhalten, nachdem er das Unternehmen als “Arschgeigen” bezeichnet habe. Auch soll er auf ein anschließendes Urteil nicht reagiert haben.
Wie jedoch ein Schimpfwort und eine nicht beachtete Abmahnung zum Verlust einer Domain führen können, wird hier von Rechtsanwalt Schwenke erläutert.
Die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes erlaubt auch scharfe und polemische Kritik. Und je mehr ein Unternehmen im Lichte der Öffentlichkeit steht, desto schärfer darf sie sein. Was jedoch nicht erlaubt ist, sind Beleidigungen und Schmähungen, also unsachliche Äußerungen, die eine Ehrverletzung zum Ziel haben. Dazu gehören insbesondere vulgäre Ausdrücke wie “Arschgeigen”, die regelmäßig Grenzen eines rechtlich zulässigen Schlagabtausches verlassen (und auch wenn sie lediglich nah an der Grenze sind, Unternehmen zur Verteidigung herausfordern können).
Wessen Ehre verletzt wird, der kann
einen Strafantrag wegen Beleidigung stellen und was wichtiger ist,per Abmahnung die Unterlassung der Aussage und die Verpflichtung eine solche Aussage nicht zu wiederholen (und bei Verstoß eine saftigen Geldbetrag zahlen zu müssen) fordern.Ferner enthält ein solches Abmahnungsschreiben die Aufforderung die Kosten des Rechtsanwalts, der die Abmahnung erstellt hat, zu übernehmen undgegeben falls auch Schadensersatz für die Ehrverletzung zu zahlen.
Unbeachtete Abmahnung führt zur Gerichtsentscheidungen
Eine Abmahnung enthält immer eine (meist knapp bemessene) Frist, innerhalb welcher man reagieren soll. Und daran sollte man sich halten. Der schlimmste Fehler, den man machen kann, ist die Abmahnung einfach nicht zu beachten. Dann wird der Fall regelmäßig weiter vor Gericht verfolgt, was mindestens zur Verdopplung der Kosten führt.
Denn wird die Frist missachtet, kann die Gegenseite
Vor Gericht ziehen und dort die Unterlassungs- & Verpflichtungserklärung sowie die Erstattung der Abmahnungskosten und Zahlung von Schmerzensgeld durchsetzen oderdie Kosten per Mahnbescheid vor Gericht geltend machen. Mit einem Mahnbescheid kann man zwar nur Geldforderungen geltend machen, aber dafür reicht es aus, sie zu behaupten. Denn der Mahnbescheid wird ohne Prüfung der Behauptungen erlassen!
In beiden Fällen wird man jedoch eine weitere Nachricht vom Gericht erhalten. Entweder in Form einer einstweiligen Verfügung, bzw. eines Urteils nach einem Gerichtsverfahren oder eines Mahnbescheides.
Vollstreckungsbescheide führen zur Domainpfändung
Der Inhaber eines Vollstreckungsbescheides kann es sich aussuchen, was er pfänden lassen möchte. Er kann Sachen oder Rechte pfänden, selbst gebrauchen oder sie versteigern lassen. Er kann Forderungen pfänden (z.B. Bankkonten oder Gehaltsforderungen), aber auch andere Rechte zu denen die Domain gehört (genau genommen werden lt. BGH Beschluss vom 05.07.2005 Az.: VII ZB 5/05 die Ansprüche gegenüber der DENIC auf Eintragung, Aufrechterhaltung und Zuordnung der Domain gepfändet).
Gegen eine solche Pfändung kann man auch Einwendungen erheben. Zum Beispiel, wenn:
Die Domain erforderlich für die Erwerbstätigkeit von Privatpersonen ist. Das könnte im Fall Nerdcore zutreffen, da die Domain sich “im Verkehr durchgesetzt” hat und nicht ohne weiteres gewechselt werden kann.die Domain dem eigenen Namen entspricht (§ 12 BGB) oder Teil einer Firma ist (§ 23 HGB)oder viel mehr wert als die vollstreckte Forderung ist (Überpfändung, die jedoch nicht gilt, wenn es sonst nichts zu pfänden gibt). Auch dieser Punkt käme für Nerdcore in Frage, da die Domain um ein Vielfaches mehr wert sein dürfte, als die Forderungen wegen der Ehrverletzung und der Gerichtskosten.
Mit diesen Einwendungen kann man zwar die Pfändung der Domain abwenden, kommt aber regelmäßig nicht um die Vollstreckung in andere Werte oder Erfüllung der Ansprüche herum. Denn was man an dieser Stelle in der Regel nicht mehr behaupten kann, ist die Unrichtigkeit der Abmahnung, des Mahnbescheids oder des Urteils.
Fazit: Abmahnungen, Post vom Anwalt oder Gericht nicht liegen lassen!
Vielen Dank für die umfassende Erklärung.
Quelle: Rechtsanwalt Schwenke von der Kanzlei Schwenke & Dramburg