Satirisches Zwischenspiel – Altes neues Geschäftsmodell

Ich würde als erstes eine GmbH gründen. 25.000 Euro Eigenkapital brauche ich dazu zwar, aber das wäre es mir wert. Wenn sich da noch ein guter Freund dran beteiligen wollte, der unerkannt bleiben will, zum Beispiel weil er Anwalt ist, und er Angst hat, die Beteiligung an meiner GmbH würde ihm einen schlechten Ruf bescheren, so würde ich ihm anbieten, für das halten seiner Beteiligung eine GbR zu gründen.
Auf meiner „Neuen“, beeindruckenden Webseite mit eindrucksvollem Logo beschreibe ich meine Leistungen wie aus einem Abenteuerroman. Anschliessend dann schnell noch ein paar Telefonterroristen über die Kleinanzeigen eingestellt, dann werden ahnungslose Leute angerufen:
Denen erklären meine Telefonterroristen dann, dass ich in dieser Stadt neu im Geschäft als Webdesigner wäre, und ich ihnen deshalb eine Webseite schenken möchte, die ich dann als Referenz benutzen kann, um andere Kunden zu gewinnen.
Schnell noch „Kalte“ – Termine für meine Außendienstmitarbeiter vereinbart, mit Leuten die glauben, sie würden eine Webseite geschenkt bekommen, dann endet der Job für die Telefonterroristen.
Nun kommen meine selbständigen Außendienstmitarbeiter in leistungsabhängiger Bezahlung zum Zuge. Die müssen vor allem nett und adrett aussehen und sich einige Stunden freundschaftlich bei meinen zukünftigen Kunden festquatschen.
Da kann den Kunden erzählt werden, wie toll die eigene Firma ist, und was sie alles kann, da kann man sich mal Fantasiepreise ausdenken, um zu zeigen, was ich großartiges zu verschenken habe.
Nach drei oder vier Stunden holt mein Außendienstmitarbeiter dann einen bläulichen mehrseitigen Vordruck aus der Tasche, wo eben kurz meine Daten eingetragen werden.
Dieser Zeitpunkt ist kritisch. Nach Möglichkeit sollen meine Kunden den Vordruck, den sie da unterschreiben natürlich nicht lesen, aber irgendwie muß eben doch für die „Reservierung des Domainnamens“ unterschrieben werden.
Wer nun, nach vier Stunden nettem Gequatsche erklärt, er wolle den Vordruck erst mal in Ruhe lesen, dem können meine Vertriebsprofis erklären, riskieren würde der Kunde ja durch die Unterschrift sowieso nichts, denn schließlich habe er ja schon von Gesetzes wegen X Tage Widerrufsrecht.
Damit unterschreibt der Kunde dann ein Papier, was er nicht gelesen hat. Und tatsächlich, für die Erstellung der Webseite werde ich kein Geld verlangen.
Allerdings werde ich für eine 5 Seiten umfassende Internetpräsenz eine Einrichtungsgebühr von 99 Euro netto verlangen, dazu 48 Monate lang jeweils 149 Euro netto und nett wie ich zu mir war, steht in meinem Vordruck drin, dass Gebühren jeweils jährlich im voraus fällig sind.
Die geschenkte Webseite verkaufe ich so also für schlappe 7.152 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Ich denke, mit dem Verkauf von mickrigen Webpräsenzen, die ich für 8.153 Euro brutto aus Vorlagen schnell zusammenschraube, könnte ich schon irgendwie über die Runden kommen.
Nun könnte es vorkommen, dass es Kunden gibt, die meinen, sie hätten ein Widerrufsrecht. Wie kommen Gewerbetreibende und Freiberufler nur auf die schwachsinnige Idee, sie hätten ein Widerrufsrecht?
Sollte einer meiner Kunden von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, auf das ihn der Vertriebler hingewiesen hat, werde ich dem Kunden erklären, dass das jedes Kind weiß, dass Gewerbetreibende und Freiberufler kein Widerrufsrecht für Haustürgeschäfte haben.
Das wäre ja auch noch schöner, wenn die ein Widerrufsrecht einräumen würden, dann bekämen sie von mir natürlich keine Provision. Außerdem steht in meinem Vertragsformular ohnehin, dass mündliche Nebenabsprachen keine Gültigkeit haben.
Ganz widerspenstige Kunden wollen dann immer noch nicht zahlen. Aber denen werde ich zeigen, wo der Hammer hängt. Da werde ich richtig professionelles Inkasso machen. Ob mir die Parfip
wohl helfen könnte? Ach nee, die ist ja hauptsächlich in Frankreich aktiv
Aber ich bin ja auch selbst ein cleveres Bürschchen. Nicht umsonst habe ich mir ja die clevere Struktur mit der GbR bei den Gesellschaftern ausgedacht, so dass sich auch Juristen an meiner Firma beteiligen können, ohne dass jemand davon Kenntnis bekommt.
Auf die widerspenstigen Kunden werde ich dann einen Anwalt ansetzen. Der soll dann mein Geld mit einem Urkundenprozeß bei den Kunden eintreiben. Das schöne an einem Urkundenprozeß ist, dass da nur Urkunden zählen, also nur der Vertrag zählt.
Dann bekomme ich schon mal einen vollstreckungsfähigen Titel und ein Nachverfahren, wo der Kunde dann viel blödes Zeugs über mich erzählen kann, wird sich wohl kaum ein Kunde zumuten. Fehlt mir nur noch ein Anwalt, der sich mit Urkundenprozessen auskennt. Ob ich mal bei der Kanzlei El Gendi und Berger anfragen soll, ob die mir helfen würde?
Wenn mich jemand öffentlich diffamieren würde, und mich als unseriös hinstellen würde, dann könnte der aber was erleben. Abmahnungen würde es hageln, und beim Landgericht Düsseldorf würde ich sicher auch einen Richter finden, der eine einstweilige Verfügung mit einem Streitwert von 100.000 Eurog egen den Störer erläßt. Auch diese lästigen Internet- Blogger und deren Hoster würden gleichfalls mit Unterlassungserklärungen eingedeckt- Wehret den Anfängen.
Da muß der Störer dann gleich mal ein paar Tausend Euro Euro an Gerichts und Anwaltskosten abdrücken. Na, die werden sich überlegen, ob die das nochmal machen. Schließlich habe ich ja ein Recht darauf, ungestört meine Geschäfte machen zu können.
An Umsatz plane ich so mit etwa drei Millionen Euro im Jahr, schließlich gibt es genug Doofe, die selbständig sind, keine Ahnung vom Internet haben und nicht mal wissen, dass sie als Selbständige kein Widerrufsrecht für Haustürgeschäfte haben.
Saubere Sache, die Geschäftsidee, oder? Wenn nun so ein Oberschlauer daherkommt, und erzählt, meine Geschäftsidee wäre Betrug oder gar kriminell, für den habe ich reichlich Antworten.
Wetten, dass ich das zu verhindern weiß? Wer es nicht versteht, der möchte sich ein Zitat von Staatsanwalt Winfried Maier aus Augsburg zu Gemüte führen:
“Kann denn ein Staatsanwalt, der das Recht des unbescholtenen Bürgers auf Nichtentdeckung seiner Straftaten permanent verletzt, hoffen, dass er Karriere macht?”
Nun suche ich noch einen Namen für meine Firma. Wie wäre es mit „Euroweb“ oder Webstyle?
Ach nee, Euroweb und Webstyle gibt es ja schon, da muß ich mir wohl was anderes ausdenken. Hat irgend jemand einen besseren Vorschlag?
Artikel: Rolf Schälike