20 Jahre nach dem Brandanschlag in Solingen

„Ich brenne“, schrie Bekir Genc, bevor er aus dem Fenster des brennenden Hauses sprang, um sich zu retten. Der Sohn türkischer Einwanderer verlor bei dem Brandanschlag in dieser Nacht vor zwanzig Jahren sein Gesicht. Ein Großteil seiner Familie kam dabei ums Leben. Damals war Bekir 15 Jahre alt.
„Ihr dreckigen Schweine“, schrie der 18jährige Täter die Richter an, als sie den Sohn aus linksliberalem Elternhaus für seine Tat zu zehn Jahren Haft verurteilten. Am 29. Mai 1993 wurden bei dem Brandanschlag in Solingen fünf Türkinnen ermordet.
Die Täter waren vier Jugendliche aus der Nachbarschaft. Für die Stadt und ihre Bewohner im Bergischen Land war diese Nacht ein tiefer Einschnitt. Seitdem wird Solingen in einem Atemzug genannt mit Hoyerswerda, Mölln und Rostock-Lichtenhagen, also die Orte schlimmster fremdenfeindlicher Anschläge.
20 Jahre danach bereitet die Stadt mit vielen Veranstaltungen den Jahrestag vor. Solingen will das Stigma loswerden, welches die Täter ihr gaben und das nun an ihr klebt. Es gibt in Solingen die, die nicht vergessen können. Und es gibt die, die am liebsten alles ungeschehen machen würden. Das Leid der einen, die Schuld der anderen.
Die Täter haben ihre Haftstrafen längst verbüßt und leben wieder auf freiem Fuß, zum Teil wieder in Solingen. Sie hüten ihr neues Leben. Und die Überlebenden? Kämpfen für die Erinnerung und gegen das Misstrauen. Und hoffen, dass aus dem Tod etwas Gutes entsteht, dass Deutsche und Türken Freunde werden.
Nach 20 Jahren nach dem Brandanschlag in Solingen bei dem am 29. Mai 1993 fünf Menschen starben, gab es in der vergangenen Nacht, 27. Mai 2013 einen neuen Brandanschlag mit vermutlich fremdenfeindlichem Hintergrund auf einen türkischen Imbiss in Swisttal-Odendorf (bei Bonn).
Verletzt wurde diesmal niemand. Es entstand nur Sachschaden. Der Bonner Staatsschutz im Rahmen einer besonderen Aufbauorganisation wurden in die Ermittlungen eingeschaltet. Die Bonner Staatsanwaltschaft ist ebenfalls eingeschaltet.
Mit einem Bekenntnis zum Miteinander und einer klaren Absage an jegliche Gewalt wurde am vergangenen Montag in Bonn der Opfer des Brandanschlages von Solingengedacht.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, der Weg zu einer Willkommenskultur für Menschen mit Migrationshintergrund müsse weiter gegangen werden. Es müsse erreicht werden, dass rechtes Gedankengut künftig auf taube Ohren stoße.
Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) warnte davor, vor rechtem Gedankengut die Augen zu verschließen. „Wir sind auf ein Miteinander angewiesen“, sagte sie.
Die WDR-Autoren zeichnen in ihrem Film das Bild einer Stadt und seiner Bürger auf, die nicht zur Ruhe kommen können.