Plagiate schreibende Lehrlinge und Studenten
Und wo bitte finden Eltern Gehör?

In den letzten Jahren ist die Volksschule wesentlich umgebaut worden. Die Schulpflegen, welche in vielen Kantonen die persönliche Betreuung von Lehrpersonen übernommen hatten, sind professionellen Schulleitungen gewichen. In der Volksschule hat dies dazu geführt, dass Eltern, welche an einem Elterngespräch teilnehmen, eine Wand von Fachleuten gegenübersitzt, von der Klassenlehrperson, über den schulische Heilpädagogen, die Schulleiterin, evtl. zusätzlich die schulische Sozialarbeiterin und den Schulpsychologen. Schulpflegen sind – als strategisch tätige Behörde – in den Hintergrund gerutscht und werden erst beigezogen, wenn ein rechtlich relevanter Entscheid ansteht.
Und wo bitte, finden Eltern Gehör?
Lehrpersonen haben nicht mehr den Stellenwert wie zu Gotthelfs Zeiten, wo Pfarrer, Doktor und Lehrer DIE Respektspersonen in der Gemeinde waren. Eltern trauen sich, sich für ihre Kinder einzusetzen, optimale Bildung und Unterstützung zu fordern und sich gegen Entscheide der Schule aufzulehnen. Das ist eine Tendenz. Zu behaupten, «die» Eltern (gemeint «alle» Eltern) mischten sich zu stark in den Unterricht und den Schulbetrieb ein, nähmen ihre Erziehungspflichten nicht wahr und kämen «immer» gleich mit dem Anwalt, trifft jedoch nicht zu. Über das «richtige»
Mass des elterlichen Engagements lässt sich selbstverständlich streiten und manchmal sehen Eltern einen Sachverhalt zu eng und beurteilen es als schwierig, wenn ein Kind beispielsweise ein anderes Schulhaus als das nächstgelegene besuchen soll, obschon sich Kinder in der Regel schnell an neue Klassen, Schulwege und Schulhäuser gewöhnen. Eltern fehlt jedoch häufig der/die Gesprächspartner/in, wo sie wirklich angehört werden. Mit Menschen, welche ernst genommen werden, lassen sich Lösungen finden. Die Anwältin, die in schwelenden Konflikten nicht verstrickt ist, ist häufig diejenige Person in Elterngesprächen und runden Tischen, welche zur Deeskalation beiträgt und Lösungsfindungen unterstützt. Anwaltlicher Beistand kann einen wertvollen Beitrag leisten zur Auffindung der richtigen Unterstützungsmassnahmen bei einem Kind mit ADHS, Autismus, Down Syndrom oder Hochbegabung. Anwaltlicher Beistand stellt sicher, dass Eltern gehört und ernstgenommen werden.
Nebst dem (Volks-)Schulbereich ist der gesamte Bildungsbereich ein riesiges Feld. Wenn ein Lehrling wegen eines behaupteten Plagiats bei einer Vertiefungsarbeit von der Ausbildung ausgeschlossen wird, muss mittels Einsprache dargelegt werden, dass die neue und erweiterte Arbeit im Vergleich zu einer eigenen früheren Arbeit in der Sekundarschule kein Plagiat darstellt. Wenn eine Gymnasiastin mit Autismus-Störung disziplinarisch auffällt und dies disziplinarisch geahndet wird, braucht es rechtlichen Beistand, um darauf hinzuweisen, dass disziplinarische Massnahmen zweckmässig sein sollten, jedoch gegenüber einem medizinisch indizierten Verhalten keine Wirkung erzielen, weshalb andere Massnahmen (z.B. spezifische Autismusunterstützung) angezeigt wären.
Die Bildungsbereiche werden mit unterschiedlichen Gesetzen geregelt: kantonale Schulgesetze, die Gesetzgebung zur Erzielung der Matura, der Berufsmatura, Spezialgesetze für vielfältigste Ausbildungsgänge im Gesundheitswesen, über Wirtschaft und Steuern, bis zu universitären und ETH-Studien. Immer gelten jedoch die rechtsstaatlichen Grundsätze, dass für jeden staatlichen Akt eine gesetzliche Grundlage verlangt wird, das öffentliche Interesse diesen erfordert, die Verhältnismässigkeit gewahrt sein muss und das Prinzip der Gleichheit erfüllt ist. Der Akt muss in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren erfolgen, wobei insbesondere das rechtliche Gehör dem Bürger gegenüber gewahrt sein muss. All dies macht nicht nur den Bildungsinstitutionen zuweilen Mühe, sondern auch den betroffenen Eltern, Schülern, Lehrlingen und Studenten. Anwaltliche Unterstützung ist dabei hilfreich.
Aus KONSUMER/ERFOLG Heft Nr. 03/2020. Ermöglicht von: www.dynamic-connecting.ch